BGH VIII ZR 157/11 (U. v. 21. Dezember 2011), Leitsatz: Die Berufung auf eine durch Erlass eines Mahnbescheids eingetretene Verjährungshemmung kann im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mahnbescheidsantrag die bewusst wahrheitswidrige Erklärung enthält, dass die Gegenleistung bereits erbracht sei.
Anmerkung: Im Mahnantrag wird gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die Erklärung gefordert, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhänge oder die Gegenleistung bereits erbracht sei. Wer sich nun einen Mahnbescheid erschleicht und dabei die entsprechende Angabe falsch tätigt, kann sich nicht auf die Rechtswirkungen des Mahnbescheids berufen (z.B. die Verjährungshemmung). Was für die Angabe, dass die Gegenleistung bereits erbracht sei, gilt, muss logisch auch für die alternative Angabe gelten, dass die geforderte Leistung nicht von einer Gegenleistung abhänge. Dem hier ebenso Täuschenden muss die Wirkung des Mahnbescheids gleichfalls verwehrt sein. Dies ist von besonderer Bedeutung für den Fall, dass gegen Anlageberater oder Gründungsgesellschafter ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht wird, dessen Verjährung durch einen Mahnbescheid gehemmt werden soll. Denn hier wird Schadenersatz grundsätzlich nur Zug um Zug gewährt, d.h. der Schadenersatzanspruch ist abhängig von der Gegenleistung der Abtretung der aus der Beteiligung erwachsenen Ansprüche (Vorteilsausgleichung, BGH III ZR 28/08, U. v. 15. Januar 2009, Rn. 9). Da der Mahnantrag aber die gegenteilige Erklärung beinhalten muss (§ 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO), ist diese Erklärung regelmäßig falsch, da die Leistung in Wahrheit von einer Gegenleistung abhängig ist. Wenn der Mahnbescheid nun durch einen Rechtsanwalt beantragt wurde, bestehen die Möglichkeiten, dass dieser entweder nicht wusste, wie man einen Mahnbescheid zu beantragen bzw. eine entsprechende Schadenersatzforderung rechtlich einzuordnen hat, oder aber dieser Rechtsanwalt bewusst eine falsche Erklärung für seinen Mandanten abgab. In letzterem Fall dürfte zu diskutieren sein, ob die verjährungshemmende Wirkung nicht entfällt und damit der behauptete Anspruch nicht bereits verjährt ist.