Bank-, Berater-, Vermittlerhaftung
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt zwischen einem Anlageinteressenten und einem Berater/Vermittler ein Auskunfts- oder sogar Beratungsvertrag auch mit Haftungsfolgen stillschweigend zustande. Vermittler/Berater kann auch eine Bank gewesen sein. Der BGH unterscheidet jedoch grundsätzlich zwischen dem Vermittler/Makler und dem Berater.
Im Unterschied zur eigentlichen Prospekthaftung behandelt die Berater-Vermittlerhaftung konkrete Fragen eines Anlegers im Rahmen individueller Vertragsverhandlungen. Während sich der Prospekt an jeden Anleger und daher einen unbestimmten Personenkreis wendet, muss eine individuelle Beratung und auch Vermittlertätigkeit eher auf die spezielle Situation des konkreten Anlegers angepasst sein. Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung „Bond – ZIP 1993, 1148 ff.-“ vorgegeben, dass jede Anlageberatung anleger- und objektgerecht zu erfolgen hat-. Als Anlageberater auch bereits der reine Vermittler ist der Verkäufer in jedem Fall zunächst verpflichtet, die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Kapitalanlage zu prüfen und auf Bedenken hinzuweisen.
Je unerfahrener der Kunde/Anleger ist, desto weitgehender müssen Kapitalanleger aufgeklärt werden. Dazu gehört, dass Zunächst der Wissensstand des Kunden sowie dessen Risikobereitschaft ermittelt wird, ehe eine Empfehlung ausgesprochen wird – BGH MDR 2000, 1021 ff.- Dies gilt unabhängig davon, ob der Vertriebsmitarbeiter als Berater oder Vermittler eingeordnet werden muss. Wurde eine Ermittlung des Kenntnisstandes und der Risikobereitschaft des Kunden unterlassen und eine sachgerechte Aufklärung über allgemeine Eigenschaften und konkrete Risiken der vorliegenden Beteiligung ist nicht erfolgt, so besteht die Chance den Vermittler/Berater in die Haftung zu nehmen, wenn der eingetretene Schaden auf der Falschberatung oder unterlassenen Aufklärung beruht. Es ist nämlich vermuten, dass der Kunde bei sachgerechter Aufklärung das Hauptgeschäft nicht abgeschlossen hätte.
Insbesondere Banken geraten oft wegen der sogenannten „Kick-Back“ Rechtsprechung in die Haftung, weil diese beim Beratungsgespräch nicht über Provisionen aufgeklärt haben. Der BGH mit Beschluss hat vom 19.07.2011 (Az.XI ZR 191/10) erneut seine Rechtsprechung zur Bankenhaftung in diesem Komplex bekräftigt. Eine Bank müsse demnach ungefragt über das Ob und die konkrete Höhe von Rückvergütungen aufklären. Hintergrund der extrem strengen Rechtsprechung dürfte die besondere Vertrauensstellung der Bank gegenüber dem Kunden und dessen Bedürfnis zu erfahren, ob die Bank im Kundeninteresse oder Provisionsinteresse ein Produkt empfielt.
Unabhängige Finanzdienstleister müssen Kunden hingegen nicht über erhaltene Provisionen aufklären! Das entschied der Bundesgerichtshof am 15.04.2010 in einem Grundsatzurteil zum Az.: III ZR 196/09. Mit Urteil vom 03.03.2011 hat der Bundesgerichtshof dieser Auffassung nochmals ausdrücklich bestätigt (BGH, Urteil vom 03.03.2011, III ZR 170/10). Einzige Ausnahme dürfte sein, dass der Finanzberater mehr als 15% Provisionen erhalten hat BGH vom 12.02.2004 III ZR 359/02. Der BGH hatte in diesem Rechtsstreit darüber zu entscheiden, wann einen Vermittler von Immobilienfondsanteilen eine Aufklärungspflicht über erhaltene Innenprovisionen trifft. Der BGH hat geurteilt, dass eine Aufklärungspflicht generell dann besteht, wenn mehr als 15% an Provisionen gezahlt werden. Zu beachten ist jedoch, dass in dem Fall ein Prospekt vorlag und dieser nicht richtig über die tatsächliche Höhe der Provisionen informierte. Obwohl der BGH in seiner Entscheidung auf das Vorliegen eines Prospekts eingeht, spricht er davon, dass ab 15% generell eine Aufklärungspflicht besteht.
Anlageberater/Vermittler haben bei der Beratung und Vermittlung von Kapitalanlagen dennoch umfangreiche Informations-, Aufklärungs-, Nachforschungs- und Beratungspflichten sowie ggf. nachvertragliche Pflichten zu beachten. Die Anforderung an diese Aufklärungspflichten ist bei der Anlageberatung und der Anlagevermittlung unterschiedlich hoch. Nur deshalb ist die Anlageberatung von einer bloßen Vermittlung zu unterscheiden.
Der Anlageberater informiert nicht nur über die Kapitalanlage selbst, sondern bewertet und beurteilt diese auch fachkundig, unter Beachtung der besonderen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Anlegers. Wesentliche Pflicht ist diejenige zur anleger- und anlagegerechten Beratung, vergleichbar der o.g. BGH-Entscheidung „Bond“.
Der Anlagevermittler dagegen stellt dem Anleger lediglich Informationen über die Kapitalanlage zur Verfügung, ohne individuell die Anlage zu bewerten. Er hat gegenüber dem Anleger nur eine Pflicht zur Plausibilitätsprüfung zu erfüllen. Meist handelt der Vermittler erkennbar im Interesse des Anbieters. Aufgrund dieser Unterschiede werden an den Anlageberater wesentlich höhere Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten gestellt als an einen bloßen Vermittler.
Zwar besitzen beide Finanzdienstleister Informations- und Aufklärungspflichten, insbesondere über die Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von Bedeutung sind (BGHZ 80, 80 = WM 1981, 374), zu einer Bewertung dieser Umstände ist aber nur der Anlageberater verpflichtet. Der Anlageberater hat zusätzlich also personenbezogene und objektbezogene Pflichten zu beachten (BGH NJW 1982, 1095). Er ist zu einer am Anlagezweck und -ziel des Kunden ausgerichteten Anlageempfehlung verpflichtet. Der Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalbeteiligung im Interesse des Anbieters tätig wird, tritt gegenüber dem Anlagevermittler in der Regel als „Verkäufer“ auf. Daher steht bei der Anlagevermittlung immer der werbende und zum Teil anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund (BGH Urteil vom 25.11.1981, IV a ZR 286/80). Der Anleger ist insofern als weniger schutzwürdig einzuschätzen, wenn dies für ihn erkennbar ist.