BGH Urteil vom 6. November 2012 • Az. II ZR 280/11 und vom 22. Mai 2012 • II ZR 3/11
Der BGH vertritt zum Widerruf von Fondsbeteiligungen bei Ratensparverträgen folgende Rechtsansichten:
Bei Vorliegen einer Haustürsituation nach § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138), der auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 – C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des BGH Anwendung findet (siehe hierzu nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 – FRIZ II), so kann der Anleger seine Beitrittserklärung wirksam widerrufen. Die Widerrufsbelehrung muß den gesetzlichen Anforderungen (§§ 312, 355 BGB) entsprechen, wie der BGH mit Urteilen vom 22. Mai 2012 (siehe u.a. II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 44 ff.; II ZR 233/10, WM 2012, 1620 Rn 29 ff.) bereits entschieden hat.
Der Widerruf der Beitrittserklärung führt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und zur Ermittlung des Wertes des Geschäftsanteils des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens (siehe nur BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 53; Beschluss vom 5. Mai 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 9, 14 – FRIZ I, jew. m.w.N.).
Mit Zugang des Widerrufs mit Wirkung „ex nunc“ scheidet der Kapitalanleger aus der Anlagegesellschaft aus, mit (u.a.) der Folge, dass er eigentlich zur Zahlung rückständiger, noch nicht erbrachter (Einlage-) Leistungen an die Gesellschaft verpflichtet bliebe (st. Rpsr.; siehe nur BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 9 m.w.N. – FRIZ I).
Diesen Anspruch kann die Anlagegesellschaft jedoch nicht mehr isoliert geltend machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unterliegen sowohl die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft als auch die der Gesellschaft gegen den Gesellschafter zum Stichtag des Ausscheidens einer Durchsetzungssperre; die gegenseitigen Ansprüche werden zu unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung (BGH, Urteil vom 15. Mai 2000 – II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208 f.; Urteil vom 2. Juli 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 – FRIZ II; Urteil vom 17. Mai 2011 – II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 14, 17). Dem Urteil vom 16. Dezember 2002 (II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 ff.) ist nichts Abweichendes zu entnehmen.
Anmerkung: Folge der Durchsetzungssperre ist, dass der Kapitalanleger bei Ratensparverträgen nunmehr ohne das Risiko einer Haftung für nicht erbrachte Einlagen seinen Vertrag widerrufen kann und sich so von seiner Dauerverpflichtung lösen kann. Ob der Kapitalanleger noch Rückzahlungen erwarten kann, ist hingegen Gegenstand der Auseinandersetzungsberechnung und ggf. Schadensersatzforderungen. Der BGH entwickelt insoweit seine bisherige Rechtsprechung zum Az: II ZR 292/06 vom 12. Juli 2010 weiter. Hier ging es zunächst um eine Vereinbarkeit der Deutschen Regelung zur Fehlerhaften Gesellschaft sowie um die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens. Die Leitsätze lauten wie folgt:
EWG-RL 577/85 Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 5 Abs. 2, Art. 7
a) Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risi-koverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten sichern soll, ist mit der Richtlinie 85/577/EWG vereinbar und deswegen auch in Fällen anwendbar, in denen je-mand zu Anlagezwecken einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in einer sog. „Haustürsituation“ beitritt.
b) Das kann zur Folge haben, dass der Widerrufende nicht nur seine Einlage nicht oder nicht vollständig zurück erhält, sondern auf Grund der auf den Tag seines Ausscheidens zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz zur Verlustdeckung nach § 739 BGB verpflichtet ist.
Der Widerruf konnte nach dieser Entscheidung somit zu einer Verpflichtung einer Verlustdeckung führen. Dem steht die nunmehr entwickelte Durchsetzungssperre als das Gegenteil eines Haftungsrisikos gegenüber.
Wenn Ratenzahler bei wertlosen Fondsbeteiligungen über eine Ausübung des Widerrufsrechts nachdenken und keine sinnlosen Raten mehr einzahlen möchten, besteht nunmehr noch das Risiko für ein negatives Auseinandersetzungsguthaben haften zu müssen. Eine Berechnung bedarf indes einer Auseinandersetzungsbilanz zum Zeitpunkt des Ausscheidens, so dass dieses oft nicht durchgesetzt wird.
Dies betrifft beispielsweise CIS Fonds zu Garantiehebelplänen, genauso wie den IFK Sachwertfonds Deutschland 2. Solche Anlagemodelle leiden bereits unter den erheblichen Kosten des Vertriebs und der Verwaltung der Kapitalanlage, so dass diese nach unserer Einschätzung keine Aussicht auf auskömmliche Renditen bieten.
Sollten Sie sich an einem Fonds als Ratensparer beteiligt haben, so stehen wir als Fondsanwalt.de gerne als Berater zur Verfügung melden Sie sich bitte unter:
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